Mandawa liegt in der Region Shekhawati, in einer abgelegenen Ecke des windgepeitschten sandigen Bundesstaates Rajasthan. Es war einmal eine blühende Stadt aufgrund des Handels auf der Seidenstraße. Der Zufluss von Reichtum schuf viele wohlhabende Handelsclans. Mandawa ist für bemalte Havelis berühmt und die Region hat die weltweit größte Konzentration an Fresken.
Was sind Havelis?
Als der Handel mit Baumwolle, Tabak und Seide auf der Seidenstraße blühte, sammelten die Kaufleute Reichtum (durch alle oben genannten und sogar durch Minen und Opium) und bauten palastartige Häuser, die Havelis, um ihre Opulenz zu demonstrieren. Die heutigen Havelis sind lebende Beweise für den Luxus, den die Handelsfamilien sich leisten konnten. Jeder Zentimeter dieser Villen ist mit Fresken dekoriert, die Türen und Fenster sind verziert. Die Einrichtung der Häuser war sehr kostbar und prachtvoll. Mandawa und andere Ortschaften in Shekhawati (z. B. Fatehpur) sind deswegen wie Freilichtmuseen.
Mandawa – vom Weiler zu Handelsstadt
Von einem Dörfchen zu einer befestigten Handelsstadt hat Mandawa einen langen Weg zurückgelegt.
Mandawa wurde im 18. Jahrhundert gegründet. Es war nur ein kleiner Weiler mit einem Brunnen, der die Wasserversorgung diente. Schließlich wuchs Mandawas Bedeutung mit dem aufblühenden Handel auf der Seidenstraße. Karawanen zwischen China und dem Nahen Osten hielten dort an, um sich auszuruhen, Steuern zu zahlen und Schutz zu suchen. Der Rajput-Herrscher baute schließlich eine Festung um das Städtchen in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Damit erhöhte er nicht nur den Schutz der Stadt, sondern schuf auch die Grundlage für eine blühende Handelsgemeinschaft, die sich innerhalb der Festung niederließ. So verwandelte sich Mandawa in eine geschäftige Handelsstadt.
Mit der Entwicklung von Großstädten wie Kalkutta und Mumbai, nahm die Bedeutung der Städte in der Shekhawati-Region sehr schnell ab. Die meisten Havelis wurden von den Eigentümern verlassen und dem Verfall überlassen. Heute sind die ehemaligen prachtvolle Zentren der Handelsrouten wie Geisterstädte. Obwohl Mandawa eine der am besten erhaltenen Städte in Shekhawati ist, wurde sie grob vernachlässigt. Die bekanntesten Villen in Mandawa sind das Jhunhjunhuwala Haveli und das Gulab Rai Ladia Haveli.
In dem nahe liegenden Dorf Fatehpur kannst du das schön restaurierte Le Prince Haveli bewundern.
Die Haveli-Fresken
Alle Wände des Havelis wurden mit Fresken bedeckt. Die Häuser waren wie übertriebene Bildergalerien. Die Bilder zeigten Figuren von britischen Soldaten, festlich gekleideten Frauen und Männern sowie hinduistischen Gottheiten. Wiederkehrende Muster waren die Elefanten und Pferde. Die Tür- und Fensterrahmen wurden reich mit Blumen und Arabesken verziert. Die Fresken erzählten über Festivitäten, historische Geschichten und zeigten religiöse Bilder über Lord Rama und Krishna. Sie stellten auch Ritualen des täglichen Lebens dar.
Einblick in das Leben der reichen Kaufleute
Die Händler, die schnell reich an Opium, Baumwolle und Gewürzen geworden waren, liebten es, ihren luxuriösen Lebensstil zu zeigen.
Die Kaufleute waren oft so reich wie die Rajput-Herrscher. Die strenge soziale Hierarchie hat ihnen aber verboten, Paläste und Festungen zu bauen. Das war ein Privileg der Könige, die ihre höhere Macht so präsentierten. Die Haveli-Eigentümer konzentrierten sich auf die Innenräume und genossen es, sie exquisit mit Farben aus Gold, Silber und anderen kostbaren Edelsteinen dekorieren zu lassen.
In der Einrichtung der Havelis findest du antike Möbelstücke. Vintage Sessel und Schaukeln, handgenähte Kissenbezüge. Reich geschnitzte schwere Türen sind die Ausrüstung eines Hauses im Haveli-Stil.
Jhunjhunwala Haveli – Golden Painted Room
Von allen Havelis in Mandawa ist Jhunjhunwala Haveli die schönste und meistbesuchte Sehenswürdigkeit. Es wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut und ist bekannt für seine traditionelle Rajasthani-Kunst. Jeder Winkel des Havelis war wunderschön gestaltet. Wenn du dich im Haveli umschaust, kannst du dir ein Bild von dem Reichtum der Besitzer und den Fähigkeiten der Künstler dieser Zeit machen.
Das Haveli hat große Räume mit hohen Decken. Die Wände und Säulen des Havelis hatten einst wunderschöne Darstellungen. Du kannst viele Bilder von Lord Krishna finden. In diesem Haveli befindet sich ein Raum, wo die Decke mit echtem Gold bemalt ist.
Das Haveli wurde leider ziemlich vernachlässigt. Das Haus wurde nicht restauriert und das prachtvolle Gebäude verfällt immer mehr. Heute lebt eine indische Familie dort und verwaltet das Haveli.
Für die kurze Besichtigung haben wir 100 Rupie (1,2 Euro) pro Person bezahlt.
Gulab Rai Ladia Haveli
Dieses Haveli galt damals als die meist palastartige Villa von Mandawa. Das luxuriöse eingerichtete Bauwerk hatte schöne, exotische Bilder und eine außergewöhnliche Architektur. Das Haveli ist heute zwar stark beschädigt und zerfallen, ist es trotzdem dafür bekannt, dass es seinen Charme und Vintage bewährt hat.
Spaziergang in Mandawa
Es lohnt sich einen Spaziergang in der Kleinstadt zwischen in Dornröschenschlaf gefallene, verlassene Havelis zu machen. Dafür brauchst du nicht mehr als 1-2 Stunden, da die Stadt recht klein ist. Du kannst dabei beobachten, wie die Einheimischen leben: Werkstätte unter freiem Himmel, „Taxifahrer“ oder „Transporter“ mit Esel- oder Kamelkarren, kleine Geschäfte und bewegliche Kleinimbisse sind überall zu sehen. Ein trauriger Anblick war, dass viele Havelis mit Graffiti bemalt wurden.
Interessanterweise in Mandawa sprang die Armut und die Einsamkeit der Menschen viel mehr in die Augen als in den anderen Städten Indiens. Mandawa trotz seiner Schönheiten hinterließ in uns nicht nur schöne Erinnerungen. Mandawa und seine Region hatten zwei Eigenschaften: auffallend schön und herzzerreißend zugleich. Der bloße Verfall der architektonischen Schätze verlieh der ganzen Kleinstadt eine düstere Stimmung. Irgendwie waren die Inder auch nicht so freundlich als sonst in Indien und hatten eine zurückhaltende und argwöhnische Attitüde.
In den meisten Fällen konnten die Eigentümer für die Vernachlässigung ihres Kulturerbes nicht verantwortlich gemacht werden. In unseren Augen haben die Hausmeister von manchen Herrenhäusern (wie bei dem Jhunjhunwala Haveli) mehr ruiniert als geschützt. Die enormen Unterhaltskosten und die fehlenden Bemühungen der Regierung, die Havelis zu schützen, machten Mandawa und die ganze Shekhawati Region zu einem schnell sterbenden Kulturerbe. Wir finden, es ist ein Ort, den du erkunden müsstest, bevor er verschwände.
Tipp: Überall in Rajasthan findest du Pani Puri Stände und in Mandawa haben wir ganz viel davon gesehen. Es ist ein beliebtes indisches Street Food. Es sind kleine, frittierte Teigtaschen gefüllt mit Kartoffel und Zwiebel. Sie werden in Pani Wasser getunkt und anschließend verzehrt. Probiere sie aus! Sie sind erfrischend und perfekt für Zwischendurch.
Le Prince Haveli in Fatehpur
Wenn du in Mandawa bist, raten wir dir das naheliegende Fatehpur auch zu besuchen. Das Le Prince Haveli in dem Dorf ist ein Juwel. Das 1802 von der Familie Devras erbaute Haveli wurde restauriert und von der französischen Malerin Nadine Le Prince in eine Künstlerresidenz und Galerie umgewandelt. Le Prince verwaltet und führt mit einigen Freiwilligen (meistens Studenten) Führungen durch das Gebäude. Eine Führung kostet in dem Le Prince Haveli 200 INR (2,5 Euro) pro Person.
Das Mobiliar und die Dekoration des Hauses sind wie in einem kleinen Palast. Die Wände und Fassaden sind mit indischen Motiven bemalt, die Innenausstattung ist sehr kostbar. Du bekommst während dem Besuch einen tollen Einblick in das Leben und in die Räumlichkeiten der reichen Kaufleute.
Tipp: Du kannst im Le Prince Haveli auch übernachten, da er auch als Homestay funktioniert. Das Haus wurde renoviert und schön ausgebaut. Wenn du magst, verbringe eine Nacht in diesem wunderbaren Ambiente. Dir stehen auch ein kleiner Pool, eine Lounge und das Restaurant zur Verfügung.
Mandawa erreichen
Der nächstgelegene Flughafen ist in Jaipur, das rund 170 Kilometer entfernt liegt. Der nächstgelegene Bahnhof befindet sich in Jhunjhunu und hat Verbindungen nach Delhi, Bikaner und Jaipur. Mandawa ist gut über die Straße mit vielen Zielen in Rajasthan verbunden.
Die Entfernung von Mandawa zu den anderen Großstädten:
- Von Jaipur 170 Km
- Von Delhi 260 Km
- Von Bikaner 188 Km.
Wir waren mit einem Fahrer in Indien unterwegs, der uns von Tag zu Tag von einem Ort zu dem anderen gefahren hat. Mandawa haben wir am Ende unserer Rajasthan Rundreise aus der Richtung von Bikaner erreicht.
Wenn du mehr über Bikaner erfahren möchtest, lies unseren Artikel „Bikaner – Sehenswürdigkeiten in der Wüstenstadt Rajasthans“ auch.
Hotelempfehlung in Mandawa
Was uns definitiv in Mandawa sehr gefallen hat, war unsere Unterkunft. Sie war ein komplett restauriertes Haveli, der jetzt als Hotel fungiert. Es gibt mehrere solche Haveli-Hotels in der Stadt. Wir haben uns für das Hotel Heritage Mandawa entschieden. Das Personal war sehr nett und das Zimmer war einfach wunderschön! In dem rot-gold bemalten Raum waren Bilder über Lord Krishna an den Wänden. Wir haben uns wie in einer kleinen Zeitreise und wie eine ehemalige reiche Handelsfamilie gefühlt. Für eine Nacht haben wir 2.200 Rupie (28 Euro) bezahlt.
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2 Comments
Oli
Februar 5, 2021 at 4:04 pmIch habe die Region Shekhawati auch mit gemischten Gefühlen verlassen. Einerseits diese wunderschönen Gemälde, anderseits der krasse Zerfall. Allerdings ist das in Indien ja generell ein Problem – der Rest von Rajasthan, das vom Tourismus verwöhnt wird, ist wohl eher eine Ausnahme.
Ich habe mit einem Hausbesitzer geredet, der in einer anderen Stadt lebt und nur einmal pro Jahr in sein Haveli zurückkommt. Er machte den sehr strengen Denkmalschutz für den Zerfall verantwortlich. Das klingt zunächst seltsam, aber das Argument leuchtet doch ein. Offenbar sind die Regeln so streng, dass auch sanfte Renovationen und Modernisierungen wie der Einbau einer vernünftigen Toilette kaum möglich sind. Das führt dazu, dass sich die Häuser nur an Arme vermieten lassen, die natürlich keinen besonders grossen Wert auf eine denkmalgerechte Renovierung legen. Das fand ich ziemlich interessant.
TravelSicht
Februar 7, 2021 at 4:24 pmHallo Oli,
als wir da waren, wurde uns auch erzählt, dass die Renovierung der Häuser sehr erschwert ist und nicht reibungslos passieren kann. Wir finden es sehr schade, weil die Region ein echter Schatz ist, und ein bedeutender Besuchermagnet sein könnte. Trotz dem Zerfall hat Shekhawati seinen Charme.
Viele Grüße,
Ildi und Balint